«Ich bin nie angetreten, um Zweiter zu werden»

Fabian Cancellara war einer der besten Radrennfahrer der Welt und ist Ambassador für Mercedes-Benz. Im Gespräch erzählt er, wie schwer das Aufhören als Spitzensportler ist und warum der «Spartacus» von einst heute ab und zu auch E-Bike fährt.

16. November 2020

Fabian, du bist mehrfacher Olympiasieger und Weltmeister. Warum warst gerade du so erfolgreich?

Es braucht einen Mix aus verschiedene Komponenten. Talent ist sicher wichtig, Glück auch. Es braucht aber auch ganz viel harte Arbeit. Gute Resultate kommen nicht von heute auf morgen, die muss man sich verdienen. Und man muss mit dem Druck umgehen können, seine Leistung abrufen zu können, wenn es darauf ankommt.
 

Dieser Druck wird umso grösser, wenn man wie du viele Siege einfährt und den Spitznamen «Spartacus» trägt.

Das ist sicher so. Ich hatte aber immer den starken Willen, diese Herausforderung anzunehmen und dem Druck standzuhalten. Auch heute noch. Ich bin immer angetreten, um zu gewinnen, und nicht, um Zweiter zu werden.
 

Das klingt stark nach Einzelkämpfer.

Als Team-Leader oder im Einzelzeitfahren stehst du natürlich als Person im Zentrum des Interesses. Alleine kommt man im Radrennsport aber nicht an die Spitze. Mir war der Team-Gedanke immer sehr wichtig. Ich habe mich zum Beispiel stets dafür eingesetzt, dass nicht nur ich als Leader das beste Material bekam, sondern alle in der Mannschaft.


2016 hast du deine Karriere nach erneutem Olympiagold in Rio beendet. Wie schwer war dieser Schritt?

Es war damals der perfekte Zeitpunkt. Ich bin dankbar für die Jahre im Spitzensport, traure ihnen aber nicht nach. Der Sport war eine grosse Lebensschule für mich, aus der ich viel mitgenommen habe in meine jetzige Lebensphase, die enorm spannend ist. Ich habe mir zum Beispiel meine Detailtreue bewahrt, bin noch immer ein Perfektionist, will das Beste oder nichts. Darum passen wohl Mercedes-Benz und ich so gut zusammen.
 

Wie stehts mit dem Erfolgshunger?

Klar, das Kompetitive legt man nicht einfach ab. Ich habe weiterhin den Biss, den «winning spirit». Ich brauche nach wie vor Ziele und Herausforderungen.

 

Und wo findest du die heute?

Noch immer auf dem Velo. Allerdings gehts mir nicht mehr darum, mich selber auf dem Sattel weiter zu pushen. Ich will anderen etwas mit auf den Weg geben. Ich will sie aufs Velo bringen und ihnen zeigen, was das Zweirad bewirken kann. Mit dem Velo kann man ums Haus, aber auch um die ganze Welt fahren. Man kann die Welt, das Leben allgemein entdecken. Das Velofahren ist eine Metapher für das Erleben ganz generell.


Kriegt man mit dieser Vision auch Sportmuffel in den Sattel?

Auf alle Fälle. Kaum jemand sagt Nein dazu, die Natur zu erleben. Und wo geht das besser als auf dem Velo? Die einen gehen das ganz relaxed an, andere wiederum ambitioniert – zum Beispiel an einem der Rennen von Chasing Cancellara. Das Zentrale dabei ist es, Spass zu haben an dem, was man tut.

 

Auch wenn es auf dem E-Bike ist?
Du wirst lachen! Ich fahre ab und zu auch elektrisch – mit dem Auto und dem Velo. Wenn ich nach einer langen Ausfahrt alleine auf dem Rennrad nochmals mit meiner Tochter in die Pedale steige, gönne ich mir manchmal mein E-Bike – und stosse sie damit den Berg hoch.

Das Beste oder nichts
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