Dem Interieur geht’s ans Leder

 

Nachhaltige Materialien sind das neue Must-have im Automobilbau und bringen die Branche ihrem Ziel einer Kreislaufwirtschaft näher – mit nachhaltigen Innovationen von Mercedes-Benz, die der Konzern auch mit anderen teilt.


14. März 2023
 

Die Aufgabe von Mercedes-Benz besteht darin, die Herstellung und die Nutzung unserer Autos so umweltfreundlich wie nur möglich zu gestalten. Auf diesem Weg zu einer nachhaltigen Mobilität ohne Ressourcenverschwendung ist die Antriebswende von fossil zu elektrisch nur einer von mehreren Schritten. Um das Automobil klimaneutral und umweltverträglich zu machen, braucht es auch Veränderungen beim Material. An der Kreislaufwirtschaft führt da kein Weg vorbei – das Auto muss sich künftig immer wieder neu aufbereiten lassen.

Höchste Qualität auch bei Recyclingprodukten
Dabei setzt sich immer mehr die Einsicht durch, dass zukunftsgerichtetes Handeln keinen Verzicht bedeutet, sondern echten Mehrwert bringt. «Bereits während der Entwicklung eines Fahrzeugs denken wir die Kreislaufwirtschaft von Anfang an mit», sagt Belinda Günther, Head of Colour and Trim bei Mercedes-Benz. Sie und ihr Team sind für die Materialien und Oberflächen im Innern der Modelle mit dem Stern verantwortlich. «Neue Materialien mit hohem Recyclinganteil sollen nicht nur natürliche Ressourcen für künftige Generationen schonen, sondern in allen Parametern auch die von Mercedes-Benz erwartete höchste Qualität bieten.» 

Belinda Günther, Head of Colour and Trim

«Kreislaufwirtschaft von Anfang an»: Belinda Günther, Head of Colour and Trim bei Mercedes-Benz.

Ein Ansatz gilt speziell der Ausstattung der Innenräume. Hier eine Umstellung herbeizuführen, erweist sich allerdings als nicht zu unterschätzendes Unterfangen: Sitze, Lenkräder, Getriebewählhebel – selbst in der Kompaktklasse sind diese Komponenten bei vielen Herstellern oft serienmässig mit Echtleder ummantelt. So verwundert es nicht, dass die Autohersteller zu den grössten Lederverarbeitern der Welt gehören. 


Leder geht auch umweltschonend
Dies dürfte sich allerdings bald ändern, denn die Klimabilanz von Leder ist generell problematisch. Mercedes-Benz entwickelt deshalb schon länger alternative Materialien und setzt bei Leder auf strenge Nachhaltigkeitsstandards. «Wir bieten sukzessive in allen Baureihen nur noch nachhaltig erzeugtes und verarbeitetes Leder an», sagt Belinda Günther. Neben der Einhaltung der Tierschutzvorgaben des «Animal Welfare Committee» müssen die Anbieter ihre gesamte Lieferkette von der Farmregion bis zum Endprodukt offenlegen. «Das Leder für Mercedes-Benz Produkte darf nur noch nach einem strengen Standard verarbeitet werden, der wichtige Umweltaspekte wie die Reduktion des Wasser-, Energie- und Chemikalieneinsatzes im Gerbprozess umfasst.»


Innovative Recyclingprodukte
Innerhalb weniger Jahre hat sich die Haltung gegenüber Materialien rund ums Automobil in allen Anspruchsgruppen radikal verändert. Für die Reduktion des Treibhausgases CO2 zählt jedes Detail, das wird auch immer mehr Kunden klar. So stehen bei Mercedes-Benz mittlerweile verschiedene komplett tierfreie Alternativen zu echtem Leder im Angebot – etwa das Mikrofaser-Material «Dinamica». Es erinnert in Optik und Haptik an Velours, besteht jedoch vor allem aus rezykliertem Polyester. «Und in der S-Klasse und im EQS bieten wir mit Econyl ein Rezyklat an, das aus wiederverwerteten Teppichen und Netzen besteht, die aus dem Meer gezogen werden», sagt Belinda Günther. Allen eingesetzten Recyclingprodukten gemeinsam ist, dass sie ebenfalls strengen Sicherheitskriterien entsprechen sowie lange genug feuerfest und extrem strapazierfähig sein müssen. 

Mercedes-Benz EQS und nachhaltige Komponenten

287 Bauteile des Mercedes-Benz EQS sind aus ressourcenschonenden Materialien.

Proud to share
In den elektrischen Top-Limousinen EQS und EQE enthält der Dachhimmel Anteile von rezyklierten Haushaltsabfällen, die bisher häufig in Kehrichtverbrennungsanlagen oder auf der Mülldeponie landeten. Zu den Rohstoffen für dieses «UBQ™» genannte Material zählen unter anderem Lebensmittelreste, Mischkunststoffe, Pappe und Babywindeln. UBQ™ schliesst damit einen Kreislauf, der bisher weltweit nicht geschlossen war – und stellt die Königsdisziplin des sogenannten Upcyclings dar. Aus bisher nicht wiederverwertbaren Abfällen wird ein Kunststoff, der unter anderem im Autobau eingesetzt werden kann. Die entsprechende Technologie hat sich Mercedes-Benz übrigens nicht exklusiv gesichert. Nach dem Motto «proud to share» soll sie in möglichst vielen Industrien zur Anwendung kommen, um durch rasche Skaleneffekte maximalen Nutzen für die Umwelt zu erzielen.

Nachhaltige Materialien im Mercedes-Benz EQXX

Mercedes-Benz zeigt, was punkto nachhaltige Materialien möglich ist: Konzeptfahrzeug EQXX.

Nahezu CO2-freier Stahl
Auf dem Weg in die vollelektrische und emissionsfreie Zukunft verfolgt Mercedes-Benz mit aller Konsequenz einen ganzheitlichen Ansatz – der gesamte Lebenszyklus eines Autos unterliegt einem Optimierungsprozess. Für die Crash-Struktur von Chassis und Karosserie bleiben hochfester Stahl, Aluminium oder Karbon zwar wohl noch lange State of the Art. Allerdings werden etwa im Rohbau des Mercedes-AMG SL zum ersten Mal Strukturgussbauteile aus bis zu 100 % rezykliertem Aluminiumschrott eingesetzt, was bis zu 90 % der üblichen CO2-Emissionen einspart. Und bereits ab 2025 will Mercedes-Benz – zumindest in seinen Oberklassemodellen – nur noch grünen, nahezu vollständig CO2-freien Schwedenstahl einsetzen.