AMG – drei Buchstaben, eine Mission

AMG: Rund 20 Prozent aller in der Schweiz verkauften Mercedes-Benz Fahrzeuge tragen die drei magischen Buchstaben am Heck. Doch was bedeutet AMG überhaupt? Kurz: Aufrecht, Melcher, Grossaspach. Oder: Aussergewöhnliche Motoren-Genies.

9. November 2020

 

Wie so viele Erfolgsgeschichten beginnt auch diese an einem Tiefpunkt. Der junge Ingenieur Hans Werner Aufrecht arbeitete Mitte der 60er-Jahre bei Daimler-Benz in der Entwicklung von Rennmotoren – ein Jugendtraum. Dann die Hiobsbotschaft: Die Konzernleitung hat entschieden, das Motorsport-Engagement auf Eis zu legen. Was nun? 

Seine Versetzung in die Serienabteilung machte Aufrecht anfangs wenig Freude. Doch sie sollte der Schlüssel zum Erfolg werden. Dort fand er nämlich im Arbeitskollegen Erhard Melcher einen Bruder im Geiste – einen ebenso leidenschaftlichen Tüftler. Dieser teilte seine Überzeugung, dass die Technologie eines «normalen» Mercedes-Benz auch grösseren Leistungsbelastungen standhalten würde, ohne das Fahrzeug grundlegend verändern zu müssen. 

Jedes Ende ist der Anfang von etwas Neuem
Als Mercedes-Benz Ingenieure kannten sie die Technologie und Leistungsgrenzen der Fahrzeuge in- und auswendig. Sie wussten, was sie auf dieser Klaviatur für Partituren spielen konnten, wenn man sie nur liesse. Denn Aufrecht war Experte für Leistung und Melcher Spezialist für Steuerung und Haltbarkeit: die perfekte Symbiose eines Performance-Teams. Ihre Theorie bewiesen sie in der Praxis: Sie frisierten in ihrer Freizeit den Mercedes-Benz 300 SE des deutschen Rennfahrers Manfred Schiek, der damit Deutscher Rundstrecken-Meister wurde. 

Aufrecht überredete Melcher, den sicheren Job bei Daimler zu kündigen und sich mit ihm an seinem Wohnort Grossaspach selbständig zu machen. Die beiden knapp 30-Jährigen gründeten 1967 das Ingenieurbüro Aufrecht-Melcher-Grossaspach, kurz AMG. Eine mutige Entscheidung, die sich schon bald als absolut richtig herausstellen sollte. 

Erhard Melcher feilt an der Performance eines Rennmotors.

Erhard Melcher feilt an der Performance eines Rennmotors.

Die «Rote Sau» aus der alten Mühle
Den ersten Produktionsort fanden Aufrecht und Melcher in einer alten Mühle in Burgstall. Dort schraubten sie zwischen Pingpongtisch, Nockenwellen und alter Heizung an ihrem ersten Meilenstein, dem AMG Mercedes 300 SEL 6.8. 

1971 ging die «Rote Sau» beim 24-Stunden-Rennen von Spa an den Start. Die Konkurrenz belächelte die schwere Luxuslimousine, die inmitten der schlanken und ranken Rennwagen jenen Eindruck machte, der dem Wagen den Übernamen gab. Doch sie sollten sich irren. Die «Rote Sau» hängte sowohl englische Raubkätzchen, als auch italienische Diven und französische Zwiebacksägen auf ganzer Strecke ab. Klassensieg und Zweiter in der Gesamtwertung: Voilà, eine Legende war geboren! 

Der Mercedes-Benz 300 SEL AMG – die «Rote Sau».

Der Mercedes-Benz 300 SEL AMG – die «Rote Sau».

Know-how, Fleiss und Handarbeit
In den 70er-Jahren versprach AMG, aus jedem Mercedes-Benz Modell ein Unikat zu machen. So startete das kleine Unternehmen mit Individualisierungen und wuchs mit jedem Kunden, der aus seinem Mercedes einen AMG-Mercedes machen liess. Zum mittelständischen Unternehmen gewachsen, brauchte AMG 1976 einen neuen Produktionsort. Man fand die neue Werkstätte inklusive Büroräume in Affalterbach, wo das Unternehmen noch heute produziert. 

«The Hammer» und Schulterschluss
Der erste technische Coup gelang AMG 1984: Erhard Melcher entwickelte einen völlig eigenständigen Zylinderkopf mit Vierventiltechnik. Mit dieser Innovation spielten sich die Ingenieure in die oberste Tuner-Liga. 1986 implantierte AMG den 5,0-Liter-V8 in ein Coupé der E-Klasse, das als «The Hammer» weltberühmt wurde. 

Der legendäre «The Hammer» von AMG.

Der legendäre «The Hammer» von AMG.

Spätestens jetzt konnte Daimler-Benz die beiden Ingenieure im nahegelegenen Affalterbach nicht mehr ignorieren. Ende der 80er-Jahre kam es zur ersten Annäherung zwischen Aufrecht, Melcher und ihrem ehemaligen Arbeitgeber – vorerst als offizieller Motorsport-Partner. 1990 folgte dann der historische Handschlag zwischen AMG und Mercedes-Benz. AMG durfte seine Produkte fortan über das weltweite Netzwerk von Daimler-Benz vertreiben – inklusive Wartungen. Das gab dem Unternehmen vergleichbaren Schub, wie AMG ihn den Mercedes-Benz Serienfahrzeugen verlieh. So wuchs die Belegschaft auf 400 Mitarbeitende. Die Zusammenarbeit mit Daimler-Benz wurde enger und 1993 wurde das erste gemeinsam entwickelte Fahrzeug vorgestellt: der Mercedes-Benz C 36 AMG. 

Hunderttausend AMG pro Jahr
Heute beschäftigt AMG in Affalterbach über 1700 Mitarbeitende. Die Mercedes-AMG-Modellpalette umfasst mehr als 50 Performance-Fahrzeuge mit einem Leistungsspektrum von 225 kW (306 PS) bis 470 kW (639 PS). Die Auswahl reicht von Limousinen, Coupés und SUVs über Roadster bis hin zum Mercedes-AMG GT, dem zweiten von Mercedes-AMG komplett eigenständig entwickelten Sportwagen. Heute sind es jährlich über 100 000 Performance-Fahrzeuge, welche die Betriebsstätten in Affalterbach verlassen. Und auch wenn der Betrieb seit den Anfangstagen stark gewachsen ist, bleibt sich AMG in seinen Grundwerten treu: innovative Ingenieurskunst, höchste Qualität und handwerkliche Präzision.

Leistung, Performance und Leidenschaft: Dafür stehen die drei Buchstaben AMG heute.

Leistung, Performance und Leidenschaft: Dafür stehen die drei Buchstaben AMG heute.