Sven Wassmer

auf Tour im Tessin

Der direkte Kontakt mit Produzenten und buchstäblich zum Boden, auf dem etwas wächst, ist ein wichtiger Teil der Arbeit von Spitzenkoch Sven Wassmer. Dafür fährt er auch mal bis ins Tessin.

20. April 2022
 

Eigentlich kocht Sven Wassmer ja im Restaurant «Memories» im Grand Resort Bad Ragaz. Für einmal ist der Sternekoch aber im Tessin unterwegs. Gestern noch hat er exklusiv für rund 30 Gäste von Mercedes-Benz ein Sechs-Gänge-Menü gezaubert. Heute gleitet er in der futuristischen Elektrolimousine EQS fast lautlos zwischen zwei Feldern im Maggiadelta hindurch. Sein Ziel: der Landwirtschaftsbetrieb Terreni alla Maggia, wo auf 150 Hektaren Wein, Nüsse, Mais, Hartweizen, aber auch Grüntee und Reis angebaut werden. Den Tessiner Loto-Reis verwendet Sven Wassmer etwa, wenn er geräucherten Rettich mit Reis zubereitet und das gekochte Getreide dann zu einer sämigen Sauce mixt.

 

Mitten im Tessiner Reisfeld

Nun steht der Küchenchef zusammen mit Fabio Del Pietro mitten in einem Reisfeld und erfährt vom ETH-Agronomen und Terreni-Direktor, wie herausfordernd die Umstellung auf Bioproduktion sein kann. Del Pietro erklärt ihm auch, weshalb es ein Vorteil ist, dass der Loto-Reis nicht so hoch wächst: «Wir haben sehr viel Regen und immer wieder Stürme hier. Wenn die Pflanzen klein bleiben, sind sie besser vor der Witterung geschützt.» Wassmers Credo: Ein Reiskorn ist nicht länger ein beliebiges Gut, wenn man gesehen hat, was es braucht, bis es geerntet, getrocknet und poliert ist. «Dieser direkte Kontakt zum Produzenten und buchstäblich zum Boden, auf dem etwas wächst, ist ein wichtiger Teil meiner Arbeit», sagt der Sternekoch.

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ETH-Agronom Fabio Del Pietro mit Sven Wassmer im Reisfeld.

Bestechende Einfachheit

Fabio Del Pietro gibt Wassmer gleich einen Tipp fürs Mittagessen mit auf den Weg. Zusammen mit Ehefrau und Spitzensommelière Amanda Wassmer geht die Fahrt weiter ins Grotto Raffael in Losone. Seit 150 Jahren geniessen hier Gäste an Granittischen typische Tessiner Gerichte. Es gibt hausgemachte Gnocchi mit Salbeibutter, Brasato mit Polenta und Chicoréesalat mit Zwiebeln. Der gefällt Sven Wassmer. «Oft sind die einfachen Dinge die besten», sagt er. Wirt Giuseppe Marforio hat neben Kulinarik auch Musik zu bieten. Er greift immer mal wieder zur Gitarre, und bald singen die Gäste im Chor Tessiner Lieder.

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Musikalischer Wirt: Grotto-Chef Giuseppe Marforio.

1800 Milliliter Regen pro Jahr
Der letzte Akkord ist verstummt, ein Abschiedsgruss durch die offene Fensterscheibe und weiter geht die Tour durchs Tessin – und zwar ins Sottoceneri, den südlichsten Teil des Kantons. Nach kurzer Fahrt über den Monte Ceneri führt ein Besuch hinab in den Keller des renommierten Weinhändlers und -produzenten Claudio Tamborini in Lamone. «Als Winzer im Tessin müssen wir wie Seiltänzer die richtige Balance auf unserem Weg finden», sagt er. 1800 Milliliter Regen pro Jahr könnten zu einer echten Herausforderung werden: «In guten Jahren machen wir ohne grosses Zutun Spitzenweine. In weniger guten Jahren müssen wir das Wetter durch die Finessen der Önologie im Keller ausgleichen.» Je nach gewünschtem Stil wird bei Tamborini der Merlot («der König der Weine im Tessin») im Stahltank oder Holzfass ausgebaut. Oft werden auch beide Macharten gemischt, um keine zu holzigen Weine zu bekommen. «Ich bin schliesslich kein Schreiner», sagt der Winzer lachend und gibt Sven und dessen Ehefrau Amanda, Wine Director im Grand Resort Bad Ragaz, eine Auswahl seiner Produkte mit auf ihre Rückfahrt über die Alpen.

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Amanda und Sven Wassmer im Keller von Winzer Claudio Tamborini.

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Souvenir aus dem Süden: Sven Wassmer nimmt ein paar Flaschen Merlot mit nach Hause.

Autor des ursprünglichen Textes: David Schnapp

Alle Bilder: Thomas Buchwalder