Nachhaltigkeit ist Teil unseres Luxusverständnisses

Substanz entwickeln jenseits von Produkt und Marke: Marc Langenbrinck, CEO von Mercedes-Benz Schweiz, über die unterschiedlichen Facetten und Wahrnehmungen von Luxus.

 

08. Dezember 2022

 

Herr Langenbrinck, was ist eine «Luxusmarke»?

Luxus ist etwas Besonderes. Etwas, das exklusiv ist und Begehrlichkeiten weckt. Er vermittelt einen persönlichen Nutzen, eine individuelle Befriedigung, die weit über das Materielle hinausreicht. Eine Luxusmarke muss somit mehr bieten als nur ein Produkt. Sie bietet einen Traum.

 

Die gesamte Automobilindustrie befindet sich mitten im grössten Wandel ihrer Geschichte. Was macht dies mit unserer Wahrnehmung von Luxus? 

Wir sollten nie vergessen, dass Luxus relativ ist und sich gesellschaftlich definiert. In Teilen dieser Welt ist frisches Trinkwasser Luxus. Auf das Automobil bezogen, muss eine Marke wie Mercedes-Benz heute Werte wie Nachhaltigkeit, Diversität und Innovationsführerschaft verfolgen und in allen Dimensionen ihres Angebots zum Massstab machen.

 

Wo weicht die aktuelle Mercedes-Benz-Strategie am stärksten von früheren ab?

Sie ist als konsequente Weiterentwicklung zu sehen. Mercedes-Benz steht seit über 130 Jahren für Exzellenz im Automobilbau. Damals, Ende des 19. Jahrhunderts, war das Luxus. Heute ergänzen wir den automobilen Luxus mit Leistungen rund um das Fahrzeug und weiteren Elementen wie Nachhaltigkeit oder Digitalisierung. Das ist unsere Mission.

 

Mercedes-Benz ist heute Weltmarktführer im obersten Modellsegment. Wie soll diese Position künftig noch gefestigt und ausgebaut werden?

AMG, Maybach, der Mythos G-Klasse und die EQ-Familie haben enormes Potenzial und sind weltweit begehrt. Diese Stellung wollen wir ausbauen durch Innovationen wie automatisiertes Fahren nach Level 3 und einem weitgreifenden Angebot an vollelektrischen Fahrzeugen im Luxussegment.

 

Die Elektrifizierung der Mobilität muss alle Fahrzeugklassen umfassen. Hat eine Konzentration nur auf die Luxussparte diesbezüglich nicht zu wenig Breitenwirkung?

Wir fokussieren in unserer Strategie keineswegs nur auf Fahrzeuge am obersten Ende der Preisskala. Auch unsere Einstiegs- und Mittelklassemodelle stehen für Luxus – und werden es künftig noch mehr tun. Es ist aber auch so, dass in der Geschichte des Automobils die hochwertigen Fahrzeuge meist die Vorreiter für Innovationen waren, da diese zeit- und kapitalaufwendig sind. Allein für die Transformation hin zur Elektromobilität wird Mercedes-Benz bis 2030 über 60 Milliarden Euro investieren. Da liegt es auf der Hand, dass unsere Topsegmente helfen, diese Mittel zu generieren.

 

Wie definieren Sie Luxus im Interpretationsspielraum zwischen Prestige, Komfort und materiellem und zeitlichem Aufwand?

Luxus wird sehr individuell interpretiert. Für den einen bedeutet er freie Verfügbarkeit von Zeit und Raum, der andere definiert ihn eher materiell. Für Mercedes-Benz ist die Kunst dabei, allen Kunden eine massgeschneiderte Lösung für ihr Luxusbedürfnis auf glaubwürdige Art zu bieten. Egal, ob dies das Produkt, die Dienstleistung, das Erlebnis oder die Markenwahrnehmung betrifft. 

 

Wie sollen die Kunden die Marke Mercedes-Benz künftig erleben?

Wir bieten heute schon das Beste, das beim Automobil in Bezug auf Qualität, Sicherheit und Komfort verfügbar ist. In Sachen Nachhaltigkeit wollen wir genauso stark unterwegs sein wie traditionell beim Umsetzen von Innovationen. Neben den eher technischen und materiellen Aspekten geht es uns aber auch darum, wie der Kunde unsere Marke insgesamt wahrnimmt. Vom ersten Berührungspunkt über die Fahrzeugauslieferung und die Servicetermine bis zum erneuten Kauf wollen wir ein Markenerlebnis schaffen, wie es in der Schweiz kein zweites gibt. Das ist unser erklärtes Ziel.

 

Ist es in der reichen Schweiz besonders einfach, Kunden für Luxusprodukte zu finden?

Ein Hochpreisland wie die Schweiz mit stabiler Wirtschaft und hoher Kaufkraft bietet dafür natürlich gute Voraussetzungen. Entsprechend hoch sind aber auch die Ansprüche. Man kann vielleicht sagen: Wer in der Schweiz eine Luxusmarke etablieren kann, schafft das überall auf der Welt.

 

Ist es ein Privileg, im Alltag Erfahrungen mit Luxus machen zu können?

Für mich ist es zunächst ein Privileg, für eine der bekanntesten und begehrtesten Marken der Welt arbeiten zu dürfen. Der Name Mercedes-Benz hat höchste Sympathiewerte. Es ist auch ein Privileg, so viele Kunden für die Marke begeistern zu dürfen. Und wenn einem am Ende des Tages ein zufriedener Kunde die Hand gibt, eine E-Mail schreibt oder anruft, dann war es ein guter Tag. Und ja, ich glaube, das ist ein grosses Privileg. 

 

Wie zeitgemäss ist Luxus in einer Gegenwart, die von Ressourcenknappheit und Klimakrise geprägt ist?

Wir haben begriffen, dass ein egoistischer, umweltschädigender Luxus nicht akzeptabel ist. Heute ist Nachhaltigkeit ein von Kunden und Gesellschaft vorausgesetzter Teil von Luxus. Morgen kommen vielleicht zusätzliche Aspekte hinzu. Luxus ist also wandelbar, es wird ihn aber immer geben, da Menschen sich differenzieren möchten und sich persönlich oder ihrer Familie etwas gönnen wollen. Diesen Luxus so zu definieren, dass seine Erfüllung gesellschaftlich akzeptiert wird – darin besteht die Kunst.

 

Wie sieht eine klimakrisenkonforme Luxuserfahrung in Bezug auf Mobilität aus?

Ich glaube fest an die Notwendigkeit individueller Mobilität. Ausserhalb der urbanen Ballungsräume ist das Automobil fast unumgänglich. In Stadtnähe ist es völlig in Ordnung, das Auto stehenzulassen zugunsten von Bus oder Bahn. Umgekehrt muss es aber auch in Ordnung sein, ein Auto zu besitzen und es zu verwenden. Die Aufgabe von Mercedes-Benz besteht darin, die Herstellung und die Nutzung unserer Autos so umweltfreundlich wie nur möglich zu gestalten. Darum produzieren wir heute schon CO2-neutral und werden bis Ende des Jahrzehnts bereit sein, nur noch vollelektrisch unterwegs zu sein. Sie sehen: Unsere Strategie zur Dekarbonisierung ist eine der ambitioniertesten in der gesamten Autoindustrie.

Marc Langenbrinck, CEO von Mercedes-Benz Schweiz, im Gespräch

«Ein Markenerlebnis, das seinesgleichen sucht»: Marc Langenbrinck, CEO von Mercedes-Benz Schweiz.